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Unterwegs in Geseke mit Hindernissen
Die Ausbildung in der Pflege ist durch einige Besonderheiten gekennzeichnet. Eine dieser Besonderheiten besteht darin, dass die Auszubildenden neben der Vermittlung des pflegerischen Fachwissens auch die Möglichkeit erhalten, durch Selbsterfahrungen ihre spätere berufliche Handlungskompetenz zu erweitern. Hierzu können die Auszubildenden einen Perspektivwechsel vollziehen und die Welt aus der Sicht der zu pflegenden Person betrachten, fühlen und wahrnehmen.
Ausgehend von dieser Prämisse machten sich im Mai die Auszubildenden des Altenpflegekurses 2-19 auf dem Weg, um die Welt von Menschen, die eine Einschränkung in ihrer Sehfähigkeit und/oder in der Mobilität haben, zu erkunden.
Durch eine künstlich geschaffene Barriere des Sehvermögens durch Brillen oder Masken, welche die Sehfähigkeit der Auszubildenden einschränkten, konnten exemplarisch beim Essen reichen Erfahrungen in alltäglichen Situationen von zu pflegenden Menschen gesammelt werden. Durch eigenes Probieren kamen die Auszubildenden hier beispielsweise zu der Erkenntnis, dass die Kommunikation in der Pflege ein wichtiges Werkzeug darstellt, indem sie seheingeschränkten Menschen Orientierung gibt.
Ebenso wurde festgestellt, dass das Einhalten von bestimmten Regeln ebenfalls zur Orientierung beiträgt. Hier ist es unter anderem wichtig, dass alltägliche Gegenstände immer an denselben Orten platziert werden, um es den Menschen mit einer Sehbehinderung zu ermöglichen, möglichst selbstständig agieren zu können. Es bietet sich z. B. an, Besteck und Gläser anhand der Ziffern einer Uhr anzuordnen.
In einer zweiten Übung konnten Erfahrungen in Bezug auf Barrieren im öffentlichen Raum gesammelt werden. Mit eingeschränktem Sehfeld bzw. Erblindung sollten sich die Auszubildenden gegenseitig auf der Strecke von der Gesundheitsakademie bis zum Geseker Bahnhof begleiten. Manche Auszubildenden sammelten in diesem Zusammenhang auch Erfahrungen, an einem Rollstuhl oder Rollator gebunden zu sein.
Es kam schnell die Erkenntnis auf, dass weder die Strecke zum Bahnhof, noch der Bahnhof selbst barrierefrei sind. Angefangen von dem sehr unebenen und mit Schlaglöcher besetzten Bürgersteigen, über Treppen ohne Geländer, bis hin zu Bahnsteigen, die gerade für erblindete Menschen kaum Orientierung bieten (fehlendes Blindenleitsystem), würde es für Menschen mit einer Seh- oder Mobilitätseinschränkung kaum eine Möglichkeit geben, eigenständig eine Zugfahrt durchzuführen. Hinzu kommt, dass man als Mensch mit Mobilitätseinschränkung das zweite Gleis nicht eigenständig erreichen kann.
An dieser Stelle wurde dem Kurs 2-19 die Aussage des Behindertenverbandes sehr deutlich. Behindert ist man nicht, behindert wird man. Durch im Alltag auftretende Barrieren erfährt ein Mensch mit einer „Behinderung“ eine massive Ausgrenzung aus der Gesellschaft.
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