Pflegeschule, Fort- und Weiterbildung

Was Blindheit im Alltag bedeutet

Selbsterfahrung mit Sehbehinderung: Pflegeschülerinnen aus dem Kurs 2-18 nähern sich einem schwierigen Thema.
Selbsterfahrung mit Sehbehinderung: Pflegeschülerinnen aus dem Kurs 2-18 nähern sich einem schwierigen Thema.

Pflegeschüler*innen der Gesundheitsakademie setzen sich mit der Bedeutung von Sehbehinderungen auseinander

Das Thema Sehbehinderungen erschlossen sich die Pflegeschüler*innen im Kurs 2-18 erst einmal theoretisch im Unterricht. Dann folgten Selbsterfahrungen mit verbundenen Augen. Doch welche Konsequenzen das fehlende Augenlicht im alltäglichen Leben hat, verdeutlichte erst der abschließende Vortrag einer erblindeten Frau.

Laut einer Definition des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e.V. (2021) versteht man unter einer Sehbehinderung ein Sehvermögen von weniger als 30 Prozent eines normal sehenden Menschen. Ein wichtiges Merkmal hierbei ist, dass das eingeschränkte Sehvermögen selbst auf dem besser sehenden Auge nicht mit einer Brille oder Kontaktlinse kompensiert werden kann.

Ein Pflegeschüler führt eine Pflegeschülerin mit abgedeckten Augen durch die Gesundheitsakademie.
Ein Pflegeschüler führt eine Pflegeschülerin mit abgedeckten Augen durch die Gesundheitsakademie.

Im Rahmen der Altenpflegeausbildung wird das Thema „Pflege von Menschen mit Seheinschränkung und Augenerkrankungen“ bearbeitet. „Die Unterstützung sehbehinderter Patienten stellt besonders hohe Anforderungen an Pflegende. Feingefühl und Einfühlungsvermögen sind wichtig, da bei sehbehinderten Menschen andere Sinne geschärft sind und die Umgebung deshalb individuell unterschiedlich wahrgenommen wird“ (A. Schneider, Pflege bei eingeschränkter Sehfähigkeit, in I care, Stuttgart 2015, S. 1276).

In Anlehnung an den theoretischen Unterricht wurden im Kurs 2-18 Übungen zur Selbsterfahrung durchgeführt. Hierbei durften sich die Schüler*innen eine/n Partner*in auswählen und sich gegenseitig die Augen verbinden. Die sehenden Partner*innen führten die „Blinden“ dann durch die Schule. Darüber hinaus reichten sich die Schüler*innen gegenseitig Joghurts an. Hierdurch konnten Sie sich in die Perspektive eines Menschen mit Sehbehinderung hineinversetzen.

Orientierung hängt vor allem vom Sehvermögen ab

Schnell wurde allen Beteiligten bewusst, wie stark unsere Orientierung vom Sehvermögen abhängig ist und ein Leben ohne Augenlicht eine große Herausforderung darstellt. Nach einiger Zeit konnten sich die Schüler*innen über den Hör- und Tastsinn orientieren, merkten aber schnell, dass sie hier an Ihre Grenzen stoßen und auf Hilfe Ihrer Mitschüler*innen angewiesen sind.

Was es heißt, blind zu vertrauen, erfuhren die Schüler*innen auch auf dem Außengelände.
Was es heißt, blind zu vertrauen, erfuhren die Schüler*innen auch auf dem Außengelände.

Abgerundet wurde der theoretische Unterricht mit dem Vortrag von Frau Reuvers am 25. Mai. Frau Reuvers hatte sich bereiterklärt, das Fachseminar zu besuchen und vorgenommen, den Schüler*innen aus ihrem Alltag als erblindeter Mensch zu berichten.

Die Teilnehmer*innen des Kurses 2-18 hatten sich gut auf den Besuch vorbereitet und Fragen gesammelt, welche Sie an Frau Reuvers richten wollten. Frau Reuvers begann lebhaft von Ihrem Alltag zu berichten. Sie fesselte die Schüler*innen mit Ihren Erzählungen. Dabei machte Sie auf Vorurteile und den erlebten Umgang mit Ihrer Sehbeeinträchtigung aufmerksam. Trotz ernster Erfahrungen schuf sie mit witzigen Pointen eine angenehme Gesprächsatmosphäre.

Mund-Nase-Bedeckungen sind für Blinde ein großes Problem

Frau Reuvers erklärte, welchen Einfluss die Corona-Pandemie auf Ihre Blindheit hat. Zum Beispiel, dass das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung Einfluss auf Ihren Geruchssinn nimmt, mit dessen Hilfe Sie sich auf alltäglichen Wegen orientiert – etwa, wenn der Duft von frischen Brötchen als Hinweis dafür dient, zum Bäcker rechts abzubiegen.

Die Übungen vermitteln nur eine Ahnung von dem, was Blinde wirklich erfahren.
Die Übungen vermitteln nur eine Ahnung von dem, was Blinde wirklich erfahren.

Erstaunte Gesichter erblickte man auch im Raum, als Frau Reuvers erzählte, dass sie ohne Probleme nähen kann und liebend gerne quiltet. Sie selbst erblindete 2013 aufgrund einer Augenerkrankung.

Aus Ihren Erzählungen konnten die Schüler*innen feststellen, dass längst nicht alle Mitmenschen verständnisvoll mit einer solchen Krankheit umgehen können oder wollen. Die Schüler*innen empfanden die offene und ehrliche Art von Frau Reuvers als sehr beeindruckend und nahmen Sie als starke Persönlichkeit wahr. Die Kursteilnehmer*innen berichteten, dass Ihnen zu Beginn des Tages gar nicht bewusst war, dass Frau Reuvers tatsächlich blind ist, da Sie bei Gesprächen automatisch Blickkontakt aufnahm.

Die Schüler*innen fanden die Schulstunde sehr interessant und nehmen sie als wichtige Erfahrung für Ihr weiteres Leben mit. Frau Reuvers übergab der Kurs als Dank abschließend ein kleines Geschenk.

Gesundheitsakademie SMMP

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