Gesundheitsakademie SMMP

Pflegeschule, Fort- und Weiterbildung

Erfolge im Therapiegarten ernten

Die Ergotherapeuten aus dem ersten Ausbilungsjahr an der Bildungsakademie für Therapieberufe in Bestwig-Velmede kultivieren den Therapiegarten. Foto: SMMP/Bock
Die Ergotherapeuten aus dem ersten Ausbilungsjahr an der Bildungsakademie für Therapieberufe in Bestwig-Velmede kultivieren den Therapiegarten.

Die Schüler der Bildungsakademie für Therapieberufe gehen im Sommer nach draußen

Dass sie im Rahmen ihrer Ergotherapeutinnen-Ausbildung einmal gärtnern würde, hätte Helena Schüngel auch nicht gedacht. „Aber es macht viel Spaß“, sagt die 19-Jährige aus Dreislar bei Medebach. In der Bildungsakademie für Therapieberufe lernt sie, dass ein Garten auch therapeutisch genutzt werden kann.

Erdbeeren eignen sich gut für die Gartentherapie: Sie wachsen schnell und bringen gute Erträge. Foto: SMMP/Bock
Erdbeeren eignen sich gut für die Gartentherapie: Sie wachsen schnell und bringen gute Erträge.

„Wir müssen die Erdbeerpflanzen umsetzen. Setzt sie enger zusammen!“, weist Andreas Schindler seine Auszubildenden aus der Unterstufe an. Die jäten Unkraut, graben die Erde um, setzen Kartoffeln und gießen die Beete. Der Garten hinter dem Schulgebäude ist etwa 100 Quadratmeter groß. Ab und zu geht die Klasse für einen ganzen Tag nach draußen. So wie an diesem herrlichen Sommertag.

Erdbeeren sind ertragreich

„Erdbeeren wachsen schnell, sind pflegeleicht und bringen gute Erträge“, hat Helena Schüngel inzwischen erfahren. Deshalb eigneten sie sich gut für die Arbeit mit psychisch erkrankten Menschen. „Gerade auf depressive Menschen kann die Gartenarbeit eine positive Wirkung haben. Sie arbeiten produktiv, selbstbestimmt. Und sie ‚ernten‘ später in doppelter Weise ihre Erfolge, in zweierlei Hinsicht“, ergänzt Anne Clausen. Sie stammt aus Cobbenrode und ist wie Helena Schüngel im ersten Ausbildungsjahr.

Fleißig wie die Bienen: Die angehenden Ergotherapeuten des ersten Ausbildungsjahres in der Bildungsakademie für Therapieberufe haben den Therapiegarten im Frühjahr neu angelegt.[/ Foto: SMMP/Bock
Fleißig wie die Bienen: Die angehenden Ergotherapeuten des ersten Ausbildungsjahres in der Bildungsakademie für Therapieberufe haben den Therapiegarten im Frühjahr neu angelegt.

„Versucht die ganze Wurzel mit herauszuziehen. Sonst wächst das immer wieder nach“, rät Andreas Schindler einer Schülerin, die gerade in einem Lichtschacht vor der Hauswand steht. Dort haben sich Bäume ausgesät. Die Schülerin versucht, das „Übel“ an der Wurzel zu packen. Sie gibt alles. Aber die Pflanzen geben nicht nach.

„Der Therapiegarten eignet sich wunderbar, um Theorie und Praxis miteinander zu verknüpfen“, sagt Andreas Schindler – „denn unsere Auszubildenden sollen nicht nur lernen, wie welcher Knochen und welcher Muskel heißt. Für die therapeutische Arbeit muss man auch die Arbeitsgeräte kennen.“ Dazu gehören unter anderem Harke, Grabber und Spaten.

Dozent Andreas Schindler steigt mit ins Beet. Foto: SMMP/Bock
Dozent Andreas Schindler steigt mit ins Beet.

Verschiedene Therapieschwerpunkte

Nicole Einwohlt, die den Bildungsgang leitet, weiß: „Handlungseinschränkungen aufgrund körperlicher, geistiger oder seelischer Beeinträchtigungen können in der Gartentherapie zu ganz unterschiedlichen Therapieschwerpunkten werden.“ Sie unterstütze in diesem Rahmen ebenso Menschen in einer beruflichen Wiedereingliederungsphase sowie Senioren, die sozial wenig Kontakte haben: „Innerhalb der Gartentherapie nehmen die Menschen wieder eine nützliche Rolle wahr. Sie müssen mit anderen kommunizieren. Das steigert ihr Selbstwertgefühl und die Handlungsfähigkeit im Alltag.“

Schon im Mai wurden die Tomaten umgetopft. Foto: SMMP/Bock
Schon im Mai wurden die Tomaten umgetopft.

Unter der fachkundlichen Anleitung von Ergotherapeutinnen und -therapeuten wirke sich der Umgang mit Pflanzen und das landschaftsgärtnerische Handeln buchstäblich heilsam aus, ist Nicole Einwohlt überzeugt: „Der sinnliche Kontakt mit Kräutern oder Obstsorten weckt Erinnerungen und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entdecken an sich Fähigkeiten und Talente neu oder bauen sie aus.“

Zudem knüpften sie über das praktische Tun wieder Kontakte. „Ergotherapie geht davon aus, dass ‚Tätig sein‘ ein menschliches Grundbedürfnis ist und zu besserer Gesundheit führt.“ Und der Garten biete äußerst viele Betätigungsfelder an, führt die Bildungsgangleiterin aus.

Hilfe für psychisch Kranke

Ein solcher Garten muss allerdings zur Verfügung stehen. Oft tut er das auch. „Für psychisch Erkrankte gibt es zum Beispiel Kliniken, die Therapiegärten haben“, nennt Helena Schüngel Anwendungsmöglichkeiten. Gemeinsam mit ihrer Mitschülerin Anne Clausen setzt sie gerade Kartoffeln in die Erde. Immer mit rund 20 Zentimeter Abstand zur nächsten Knolle. Dann schütten sie eine Schicht Mutterboden oben drauf. An ihrem kleinen Hochbeet riecht es nach Arbeit.

„Die Auszubildenden dürfen ruhig spüren, dass die Gartenpflege viel Ausdauer erfordert“, erklärt Andreas Schindler. Mit der Therapie sei es ja nicht viel anders. „Man muss dran bleiben. Nur dann kommt man am Ende zu einem guten Erfolg.“

Der Ergotherapie-Dozemt Andreas Schindler erklärt der Auszubildenden Helena Schüngel, wie sie Kartoffeln anbaut. Foto: SMMP/Bock
Der Ergotherapie-Dozemt Andreas Schindler erklärt der Auszubildenden Helena Schüngel, wie sie Kartoffeln anbaut.

Bis zum frühen Nachmittag, als ein heranziehendes Gewitter zu grollen beginnt, ist der gesamte Garten umgegraben und neu bepflanzt. Auch der Sinnespfad darum herum ist in großen Teilen wieder instandgesetzt. „Aber wenn wir jetzt ein paar Wochen Pause machen, ist wieder alles zugewuchert“, weiß der Dozent. Er spricht aus Erfahrung. „Mein eigener Garten kommt da ebenfalls zu kurz“, gibt er zu. So, wie es in den Unterrichtsplan und vom Wetter her passt, werde man daher über den Sommer immer wieder mal nach draußen gehen.

Für Helena Schüngel, die früher schon viel mit ihrer Mutter im Garten gearbeitet hat, ist das selbstverständlich: „Schließlich will ich ja mal ernten und hoffe auf gute Erträge.“ Für Nicole Einwohlt sind das die „Früchte der Arbeit“ – ähnlich wie bei einem über lange Zeit erwirktem Therapieerfolg.

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